Seleçao auf Spanisch

Die Primera Division startet ohne die ganz großen Neuverpflichtungen in die neue Saison. Selbst die Ex-Galaktischen aus Madrid haben lediglich ein 25-Millionen-Euro-Talent verpflichtet

AUS MADRID RALF ITZEL

Kommt er oder kommt er nicht? Das war die Frage, mit deren Erörterung die Madrider Sportzeitungen das Sommerloch füllten. Nach langem Tauziehen löste Real den Artisten Robinho schließlich für 25 Millionen Euro aus seinem Vertrag beim FC Santos, jenem Verein, der dereinst schon den großen Pelé hervorgebracht hatte. Der Brasilianer ist der auffälligste Neue in Spaniens Fußballliga, die am heutigen Samstag den Spielbetrieb aufnimmt. Seinem Versprechen, den Fans jedes Jahr eine Berühmtheit zu kredenzen, ist Präsident Florentino Perez allerdings nicht voll nachgekommen – der 20-jährige Dribbler gilt „nur“ als großes Talent.

Überhaupt ist der Real-Boss nach zwei Jahren ohne Titel von der Idee abgerückt, eine Elf ausschließlich aus Weltstars, so genannten „galácticos“, und Eigengewächsen zu formen. Nach dem Sturz aus der Galaxis schlägt das Imperium jetzt mit irdischen Mitteln zurück und verpflichtete zunächst einmal für die Defensive zwei berüchtigte Kampffußballer aus Uruguay. Perez ließ sich beim Sommereinkauf erstmals vom Trainer überzeugen. Der Brasilianer Wanderley Luxemburgo hat natürlich vor allem ein Faible für Landsleute, weswegen er neben Robinho den muskulösen Mittelfeldspieler Julio „die Bestie“ Baptista für 24 Millionen Euro aus Sevilla anforderte. Und wenn im Januar auch noch Rechtsverteidiger Cicinho dazustößt, die Entdeckung des Konföderationenpokals in Deutschland, werden es mit Ronaldo und Roberto Carlos fünf aus der zitronengelben Auswahl sein.

Kein Wunder, dass die katalanische Sportgazette El Mundo Deportivo den Hauptstadtklub schon „Real Brasil“ getauft hat. Vor der eigenen Haustür sieht es allerdings genauso aus, Meister FC Barcelona gewann kürzlich ebenfalls mit fünf Brasilianern das Supercup-Endspiel gegen die Sevillaner von Betis, deren bester Stürmer Oliveira ebenfalls ein … – genau: ein Brasilianer ist.

Von Brasilien lernen heißt im Fußball siegen lernen, weswegen die 75. Auflage der Liga mit Samba-Rhythmus unterlegt wird. Kann das neue Real Madrid dabei die Musik machen? Und wird Spaniens Klubfußball im europäischen Konzert wieder die erste Geige spielen, nachdem die englischen und italienischen Konkurrenten jüngst die besseren Auftritte hatten? Diese Fragen gilt es zu beantworten.

Vom FC Barcelona ist viel zu erwarten, auch in der Champions League, wo Werder Bremen der erste Gegner ist. Trainer Frank Rijkaard musste kaum etwas ändern, der Kader wurde zusammengehalten und durch Mittelfeldspieler van Bommel aus Eindhoven, Linksläufer Ezquerro aus Bilbao und zurückgekehrte Langzeitverletzte wie Edmilson (ein Brasilianer!) noch verstärkt. Gut möglich, dass Barca nach schweren Jahren vergangene Saison eine neue Ära eingeleitet hat.

Andere haben die entgegengesetzte Entwicklung genommen. Der FC Valencia und Deportivo la Coruña, einst feste Größen in Spanien und Europa, tun nach acht respektive sechs Jahren erstmals nicht im Europacup mit. Deportivo fehlt für die Wende das Geld, der einzige Zugang ist der Trainer: Joaquin Caparros ist dem legendären Javier Irureta nachgefolgt und dürfte wie zuvor beim FC Sevilla Fußball eher arbeiten denn spielen lassen. Valencia, Verlierer im UI-Cup gegen den Hamburger SV, hat mächtig eingekauft, doch ob beispielsweise Patrick Kluivert noch einmal der Stürmer wird, der er war, ist genauso zu bezweifeln wie die Fähigkeit des neuen Trainers Quique Sanchez Flores, den leckgeschlagenen Kahn schnell wieder auf Kurs zu bringen. „Ich komme nach einem Zyklon“, seufzt der 49-Jährige, der seinen Job beim Madrider Vorstadtklub Getafe an Bernd Schuster abgegeben hat. Der Deutsche hat sich bisher entgegen seiner Gewohnheit noch nicht mit seinem Präsidenten angelegt, was darauf hoffen lässt, dass er auch einmal eine Saison im Amt beendet. Ziel ist der Klassenerhalt, zu bewerkstelligen natürlich mit gutem Fußball, schließlich, so Schuster, „muss man dem Zuschauer auf dem Rasen das zurückzahlen, was er für die Eintrittskarte ausgegeben hat“. Der Europameister von 1980 hofft darauf, mit Getafe die Rolle des Überraschungsteams spielen zu können, die zuletzt Villarreal ausfüllte.

Der andere Klub aus der Region Valencia, geprägt von seinem chilenischen Trainer Pellegrini, dem argentinischen Spielmacher Riquelme und dem uruguayischen Torjäger Forlan, bereichert mit seinem brillanten Stil nun sogar die Champions League. Dort will auch Atlético Madrid hin, das sich mit dem erfahrenen Coach Carlos Bianchi aus Argentinien, dem früheren Wolfsburger Petrov und Angreifer Mateja Kezman von Chelsea gut gerüstet hat.

Ergo: Die richtig spektakulären Transfers gab es diesmal nicht in Spaniens Fußball, Robinho hin oder her. Ganz im Gegenteil: Das meiste Aufsehen erregte ein Abgang, der des Portugiesen Luis Figo von Real Madrid zu Inter Mailand. Der erste Superstar der Ära Perez ist weg und symbolisiert damit die Zeitenwende beim erfolgreichsten Fußballverein der Geschichte.